Deutsche Erstausstrahlung im rbb am Samstag, 13. Juli 2019 um 17:25 Uhr.
Rolle: Erzähler
Lohnt es sich noch den Zaun zu streichen oder das Dach neu zu decken? Die Menschen in Proschim wissen es nicht. Das 350-Seelen-Dort in der Lausitz liegt mitten im Braunkohle-Tagebaugebiet. Proschim könnte das letzte Dorf in Brandenburg sein, das abgebaggert wird und einer sterbenden Industrie weichen muss. Der Film erzählt von einem Dorf, das zerstritten ist. Die einen kämpfen dafür, bleiben zu können, den anderen ist ihr Arbeitsplatz im Tagebau wichtiger.
Wir treffen ein engagiertes Ehepaar, das 400 Meter vom Tagebau entfernt ein kleines Restaurant eröffnet hat und Flammkuchen aus dem Holzofen serviert. Der ehemalige Bürgermeister zeigt uns alte Fotos von Proschim und berichtet von den vielen Kämpfen, die er schon für Proschim ausgefochten hat. Er kämpft immer noch – für seine Enkel. Der Pfarrer macht sich Sorgen um die Toten, die umgebettet werden müssten, wenn der Tagebau kommt. Und die 80-jährige ehemalige LPG-Mitarbeiterin sagt: „Ich nehm‘ mir nen Strick, wenn ich hier weg muss.“
Der Chef der freiwilligen Feuerwehr und Bergbau-Mitarbeiter dagegen sagt, dass er auch woanders neu anfangen würde und dass das Thema „Kohle“ bei der Feuerwehr nichts zu suchen hat. Eine junge Unternehmerin, die sich auf Quad-Fahrten durchs Lausitzer Seenland spezialisiert hat, sieht die Rekultivierung des Tagebaus als Chance für den Tourismus. Und ein anderer Bergbau-Mitarbeiter resümiert: „Die Kohle gibt und die Kohle nimmt. So ist das nun mal.“
Die Reportage zeigt aber auch ein Dorf, das zusammen hält und Menschen, denen ihr Ort am Herzen liegt. Jede Woche putzen Frauen ihre Dorfkirche, im ehemaligen Wirtshaus, heute Kulturhaus-Verein, treffen sich die Alten zum Tanz und in der restaurierten Mühle wird Brot für die „Landpartie“ gebacken. Die meisten hoffen, dass sie das Schicksal noch einmal verschont. Denn schon vor 100 Jahren hieß es: „Hier könnt ihr nicht bauen, hier kommt die Kohle.“ Und Proschim steht immer noch.
Ein Film von Ulrike Steinbach.
Mehr Informationen zur Reportage unter rbb-online.de.